Neue Medien und ihre Folgen für Kinder und Jugendliche
“Elektronische Bildschirm-Medien, Fernsehen und Computer machen dumm, dick und gewalttätig.“ So lautet das Fazit des Psychologen und Gehirnforschers Manfred Spitzer, Autor des Buches „Achtung Bildschirm!“ Ist das tatsächlich so, oder gilt es viel eher, die tägliche Nutzung digitaler Medien mit ihren positiven und negativen Aspekten für sich zu erkennen und zu nutzen? Die öffentliche Diskussion über die negativen Auswirkungen einer immer stärker werdenden Medienkonsums wird seit Jahren leidenschaftliche und kontrovers geführt. Im Folgenden soll versucht werden mit aktuellem Wissenstand auf wichtige Bereiche für Kind und Jugendliche einzugehen.
Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit
Der Zusammenhang zwischen Ausmaß an Medienkonsum, Bewegungsmangel und Übergewicht zeigt sich recht eindeutig über verschiedene Untersuchungen hinweg. Langfristig resultieren hieraus erhöhte Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und einen zu hohen Cholesterinspiegel im Blut. Auch der Zusammenhang zwischen Medienausstattung und der Entwicklung von Übergewicht oder Adipositas scheinen eindeutig (Pfeiffer et al., 2007).
Auswirkungen auf die schulische Leistungsfähigkeit
Aus verschiedenen Studien geht hervor, dass der Zusammenhang zwischen Medienkonsum und Schulleistungen „dosisabhängig“ ist (Pfeiffer et al., 2007). Demnach seien mit wachsendem Medienkonsum, besonders bei ausdauernden Computerspielen die späteren Schulleistungen schlechter. Als Grund hierfür wird die fehlende Lern- und Übungszeit für schulische Themen gesehen. Besonders einflussreich gilt der Konsum von Gewalt in Medien. Emotional aufwühlende Computerspiele können kürzlich gelernte Gedächtnisinhalte löschen oder deren Wiedergabe blockieren (Bushman & Bonacci, 2002). Auf der anderen Seite können durch Multimedia-Nutzung auch Multitasking Fähigkeiten geschult werden, auch bei bestimmten Lernaktivitäten. Vielleicht kommt es darauf an, die Multitaskingprozesse zu ortimieren…
Zusammenhang mit psychischen Störungen
Derzeit gibt es noch keine eindeutigen Belege für den Zusammenhang zwischen Computerspiel- oder Internetsucht und psychischen Störungen. Es gibt jedoch Hinweise, dass dieses nicht “sustanzgebundenen” Suchtverhalten vermehrt mit “stoffgebundenen” Abhängigkeiten einhergehen. Außerdem gibt es eine höhere gemeinsame Auftretenswahrscheinlichkeit mit anderen Störungen, wie Depression, Ängsten oder ADHS. Nur die Richtung der Einflüsse ist noch ungeklärt. Verursacht eine Internetsucht diese Störungen oder waren die sowieso schon vorhanden und begünstigen die Entwicklung eines ungesunden Medienkonsums?
Auswirkungen auf aggressives Verhalten
Der aggressionsfördernde Effekt durch den Konsum gewalttätiger Filme ist vielfach belegt worden. Gewöhnungseffekte können zu Empathieverlust und Senkung von Hemmschwellen von aggressivem Verhalten führen. Dies gilt aber vor allem bei Kindern und Jugendlichen mit bereits bestehendem Aggressionspotential und bei Aufwachsen in einem Dissozialen Umfeld.
Schlussfolgerungen: Es kommt wohl darauf an den Kindern und Jugendlichen einen Anleitung zum kritischen Gebrauch und zur notwendigen Auseinandersetzung von „Kosten“ und „Nutzen“ der neuen Medien zu geben. Übertragen auf die Erziehung heißt das wohl: Ja – man muss den Kindern und Jugendlichen das Internet beibringen. Man muss ihnen aber auch vermitteln, dass das Internet nicht alles kann und dass eine Zeitung oder Bücher Wissen anders und möglicherweise auch tiefergehend vermitteln können. Bisher fehlen im kinder und jugendpsychiatrischen Bereich noch Module zur Schulung vom Kinder, Jugendlichen und deren Eltern zu angemessenem Medienverhalten. Und letztendlich ist auch eine Diskussion um einen gemeinsamen gesellschaftlichen Nenner wichtig, welchen Stellenwert „Medienkompetenz“ einnehmen soll.
Die Autorin Eva Stern ist approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin.