Samstag, 15. November 2014

positiv erziehen

Positive Erziehung – Wir sind Eltern! Was nun?

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Wir sind Eltern! Was nun?

Die Rolle als Mutter oder Vater eines Kindes ist eine sehr verantwortungsvolle und auch fordernde Rolle, auf die wir im Normalfall nicht oder nur wenig vorbereitet werden. Sind wir dann Eltern, so müssen wir meist durch „Versuch und Irrtum“ herausbekommen, wie wir unser Kind erziehen wollen oder können. Dabei müssen wir uns auch Gedanken darüber machen, was uns in der Erziehung unseres Kindes überhaupt wichtig ist, welche Werte wir weitergeben wollen und welche Fertigkeiten und Verhaltensweisen wir bei unserem Kind fördern wollen. Eine „richtige“ oder „falsche“ Methode, Kinder zu erziehen, gibt es nicht. Wir als Eltern können entscheiden, welche Methode gut zu uns und zu unseren Kindern passt.

Die Erziehung eines Kindes kann manchmal wirklich schwierig sein…
Die meisten Eltern kommen dabei jedoch auch an Grenzen und erleben Momente, in denen sie sich überfordert oder auch hilflos fühlen. Zu diesen Situationen gehören beispielsweise kindliche Wutanfälle, Aggressionen, Ungehorsam, Probleme beim Schlafen oder beim Essen und andere Schwierigkeiten, die Eltern immer wieder erleben. Hilfreich ist es nun, sich über günstiges und ungünstiges Erziehungsverhalten bewusst zu werden.
Was brauchen wir für glückliche Eltern und für glückliche Kinder?
Die Grundlage für eine glückliche Elternschaft und eine gute kindliche Entwicklung ist eine positive Beziehung zwischen uns als Eltern und unserem Kind. Eine gute Beziehung können wir beispielsweise dadurch aufbauen, dass wir wertvolle Zeit mit unserem Kind verbringen. Das können im Laufe des Tages auch mehrmalige kleine Zeiträume von einigen Minuten sein, wichtig ist nur, dass wir in dieser Zeit mit unserer ganzen Aufmerksamkeit beim Kind sind. Wenn wir dabei mit unserem Kind über unsere eigenen Gedanken und Gefühle reden und vor allem auch über das, was unser Kind interessiert und beschäftigt, so zeigen wir ihm auch, dass wir uns für es interessieren und fördern so sein Selbstwertgefühl und seine sozialen Fähigkeiten. Daneben sollten wir unserem Kind unser Interesse und unsere Zuneigung auch körperlich (durch Streicheln, Umarmen, Küssen, Herumtoben etc.) zeigen. Vor allem in den ersten Lebensjahren ist dies sehr wichtig, um eine feste und sichere Bindung zwischen Eltern und Kindern aufzubauen. Gleichzeitig sollten wir als Eltern auch unsere eigenen Bedürfnisse nicht vergessen. Nur wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse (beispielsweise nach Intimität mit unserem Partner, nach Geselligkeit, Erholung oder Zeit für uns selbst) erfüllt haben, können wir auch geduldig und liebevoll für unser Kind da sein.

Die „positive Erziehung“ als guter Weg
Die „positive Erziehung“ kann uns nun helfen, unser Kinder dabei zu unterstützen, seine Fähigkeiten zu entwickeln und ein positives Selbstbild aufzubauen. Dazu benötigen wir eine sichere Umgebung für unser Kind, also beispielsweise eine Wohnung, in der wir unser Kind unbesorgt herumkrabbeln und spielen lassen können (indem wir beispielsweise gefährliche Bereiche durch Gitter o. ä. unzugänglich machen), und gleichzeitig eine interessante Umgebung, in der unser Kind spielen und sich ausprobieren kann. Dabei sollten wir unser Kind ermutigen, Dinge selbst auszuprobieren und es so unterstützen, Neues zu lernen. Wenn wir unserem Kind Aufmerksamkeit schenken, wenn es etwas tut, was uns gefällt, so wird es dies mit großer Wahrscheinlichkeit wieder zeigen! Wir sollten unser Kind in solchen Momenten deshalb immer explizit loben. Tut unser Kind jedoch etwas, was uns nicht gefällt, so sollten wir immer und sofort darauf reagieren und ihm beibringen, wie es sich stattdessen verhalten soll. Nur so kann unser Kind lernen, selbst Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen. Dabei ist es sinnvoll, dass unser Kind und auch wir als Eltern klare Familienregeln haben. Diese Regeln sollten positiv formuliert und gut durchsetzbar sein. Am besten ist es, wenn wir einige wenige Regeln haben, so dass wir und unser Kind nicht überfordert sind mit einer Vielzahl an Regel, die wir bzw. es gar nicht einhalten können. Bei einem Verstoß gegen eine der Regeln hat es sich bewährt, ruhig zu bleiben, die Aufmerksamkeit des Kindes zu gewinnen (beispielsweise durch Herunterbeugen auf Augenhöhe und Nennen des Namens), das Kind direkt auf den Verstoß anzusprechen und ihm klar und deutlich zu sagen, was es tun soll. Gehorcht unser Kind, so sollten wir es sofort loben. Gehorcht es nicht, so gibt es die Möglichkeit einer logischen Konsequenz (beispielsweise werden die Stifte für 5-10 Minuten weggenommen, wenn das Kind den Tisch anmalt) oder, bei schwerwiegenderem Problemverhalten, einer kurzen (je nach Alter des Kindes von 2 bis zu 10 Minuten langen) Auszeit in einer sicheren, aber uninteressanten Umgebung (in dieser Zeit sollten wir unserem Kind also auch keine Aufmerksamkeit schenken und es sollte keine Spielmöglichkeiten haben!). Für die Auszeit sollten wir unserem Kind bereits im Vorfeld klare Regeln erklärt haben. Nach der Auszeit sollten wir unser Kind wieder ausdrücklich loben, sobald es ein Verhalten gezeigt hat, dass den Familienregeln angemessen ist.

Ein Statement für das „Unperfekte“!
Wir sollten jedoch auch nicht zu viel von unserem Kind erwarten und immer seine jeweilige Entwicklung berücksichtigen. Jedes Kind ist dabei auch ganz unterschiedlich! Und weder wir als Eltern noch unsere Kind sind (bzw. sollten) „perfekt“ sein. Ganz im Gegenteil machen wir alle Fehler und die meisten Fehler werden nicht mit Absicht gemacht und sind ein Anlass, um durch neue Erfahrung zu lernen.
Die Autorin Lena Hasenmaile ist Erziehungswissenschaftlerin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin i. A.
Quelle: Markie-Dadds, C., Sanders, M. R., Turner, K. M. T.: `Das Triple P Elternarbeitsbuch. Der Ratgeber zur positiven Erziehung mit praktischen Übungen.´, deutsche Bearbeitung durch das PAG Institut für Psychologie AG, Verlag fürPsychotherapie, Münster 2003.

Dienstag, 11. November 2014

Depressive Eltern

Kinder mit depressiven Eltern

Kinder mit depressiven Eltern(1)
Seitdem Maria denken kann, hing über ihrer Familie immer eine dunkle Wolke. Manchmal war die Wolke so dunkel und die Stimmung so bedrückt, dass gerade sie als Kind das Gefühl hatte, alles falsch gemacht zu haben. Es gab Tage, da war ihre Mama viel im Bett, aber trotzdem hatte sie es immer geschafft, Maria ein Pausenbrot zu schmieren und sie fertig zu machen.
Die Auseinandersetzungen zwischen ihren Eltern bekam sie als Kind trotz allem regelmäßig mit. Der Vater, der nie anwesend und die Mutter, die depressiv war. Die Sucht zum Alkohol war sehr groß und leider hatte das meist negative Folgen, die Vernunft hatte keine Chance: Marias Mama wurde redselig und ihr Papa aggressiv. Irgendwann erzählte ihre Mama ihr wie unglücklich sie sei und dass sie sich nicht aus der Ehe retten konnte wegen Maria. Also lastete die Schuld auf Marias Schultern.
War sie schuld an dem unglücklichen Leben, das ihre Eltern führten? Hatte sie irgendetwas falsch gemacht? Wäre das Problem ohne sie vielleicht gar nicht da? Fragen über Fragen und keiner konnte Maria diese beantworten. Denn sie wollte nicht, dass irgendjemand von ihrem Problem erfuhr. Denn das Bild der heilen Familie sollte ja bestehen bleiben, zumindest für die Außenwelt.
Irgendwann erzählte Marias Mutter ihr, dass sie nicht mehr leben wolle, sie wolle sich umbringen. Oh Gott, ist es das was ein Kind hören will von seiner Mama? Von dem Vorbild, was sie eigentlich darstellen sollte? Und immer wieder diese Frage, die in Marias Kopf rumgeistert: „Wäre es nicht eigentlich besser, wenn ich nicht mehr da wäre?“ Maria war schließlich groß genug um dies alles mitzubekommen. Die Last auf ihren Schultern wurde immer größer und die Sorge wuchs. Je größer sie wurde, umso mehr begriff Maria. Sie verstand, dass nicht sie diejenige war, die sich Vorwürfe machen musste – nein, sondern ihre Eltern.
Sie fing an mit ihrer Mama zu reden, sagte ihr, dass es so nicht weitergehen konnte. Sie machte ihrer Mutter verständlich, dass sie so auch total unglücklich war. Wenn ihre Mutter noch einmal zu ihr sagen sollte, dass sie sich umbringen wolle, würde Maria ihr antworten: „Na, dann mach es doch“. Natürlich meinte sie das nicht so, sie liebte ihre Mama über alles. Aber Maria hatte die Hoffnung, dass sie ihrer Mutter die Augen öffnen und ihr damit zeigen konnte, dass sie dringend Hilfe brauchte.
Trotz allem war Marias Mutter für sie in den schwierigsten Situationen immer da, sie half ihr wo sie nur konnte, sie brachte ihr alles bei, was ein Kind wissen und können musste. Aber diese dunkle Wolke herrschte weiterhin über ihrer Familie. Maria versuchte ihre Mutter zu unterstützen. Sie nahm sie bei der Hand und sagte ihr, dass sie als Familie das gemeinsam schaffen könnten. Diese Situation war das Schlüsselerlebnis, daraufhin ging Marias Mutter zu einer Neurologin/Psychiaterin. Dort fing ihre Mutter endlich an zu reden und bekam ein Antidepressivum, welches sie regelmäßig einnehmen sollte. Damit wurde die Gesamtsituation besser – ihre Mutter lachte mehr und lag nicht mehr nur in ihrem Bett. Auch die Beziehung zwischen ihren Eltern bekam neuen Wind. Ihre Eltern küssten sich beim „Guten Tag“-Sagen und beim Verabschieden, hielten sogar unterwegs wieder Händchen. Maria freute sich sehr darüber und bekam auch wieder neuen Mut, selbst irgendwann eine Familie zu gründen. Wenn Kinder mit depressiven Eltern groß werden, dann muss allen klar sein, dass die Betroffenen aber auch die Kinder Hilfe brauchen. Denn besonders die Kinder sind es, die im Stillen darunter leiden. Sie bekommen mehr mit als wir Erwachsenen ahnen.
Die Autorin des Artikels arbeitet in einer kinder- und jugendpsychiatrischen und -psychotherapeutischen Praxis.